
BILD traf Crowd-Manager Carsten Walter (40) vor dem Todestunnel: Das lief schief bei der Loveparade!
Psychologe Carsten Walter (40) war als „ Crowd-Manager“ der Loveparade auch für die Sicherheit zuständig. 17 Tage nach der Katastrophe kehrte er mit BILD zum Todestunnel zurück. Zu dem Ort, den er sichern wollte, aber am Ende ohnmächtig und hilflos verlassen musste.
Walter wurde vom Veranstalter Lopavent beauftragt, die Besucherströme zu lenken. Jetzt berichtet der Kölner in BILD, wie er diese schlimmen Stunden erlebt hat und was er jetzt für die Opfer tun will.
BILD: Wie wurde auf ihre Kritik reagiert, dass es nur einen Ein- und Ausgang gab?
Carsten Walter: „Diese wurde zur Kenntnis genommen, mehr nicht.“
BILD: Wieso war die zweite Rampe gesperrt?
Walter: „Diese war nur als Ausgang vorgesehen. Entgegen der Absprache gab es oben keine großen Ausgangsschilder. Vielleicht haben viele dadurch nicht gewusst, dass sie hier rauskönnen.“
BILD: Welchen Kontakt hatten sie zum weisungsbefugten Polizeiführer?
Walter: „Nur über den Verbindungsbeamten. Später haben wir 45 Minuten versucht, Kontakt zu bekommen. Doch weil das Handynetz überlastet war und der Beamte kein Funkgerät hatte, ging das nicht.“
BILD: Der Polizeiinspekteur beharrt aber darauf, der Beamte hätte Funk gehabt...
Walter: „Damit bezichtigt man mich der Lüge. Aber ich bleibe dabei: Der Beamte hatte definitiv keinen Funk.“
BILD: Was hat der Polizeiführer getan, als er nach 45 Minuten in ihren Container kam?
Walter: „Ich habe empfohlen, die Schleusen vor den Tunneln komplett zu schließen, die zweite Rampe als zusätzlichen Eingang zu öffnen, um den Druck aus dem Tunnel und von der Rampe zu nehmen. Was danach gemacht wurde, dazu sage ich nichts.“
BILD: Wieso tauchte dann unten auf der Rampe eine Polizeikette auf?
Walter: „Ich habe sie oben auf der Rampe empfohlen, um die Menschen auf den Platz zu drängen. Warum sie unten stand, weiß ich nicht.“
BILD: Wie haben sie reagiert?
Walter: „Als es kritisch wurde, habe ich zum Verbindungsbeamten gesagt: `Wir müssen raus, helfen.` Vor dem Container sahen wir schon kollabierte Menschen. Wir haben sie über den Zaun gehoben, ihnen Wasser gegeben.“
BILD: Waren sie selbst auch in Gefahr?
Walter: „Ja. Als die Menschenwelle gegen unseren Zaun drückte, hatte ich Todesangst. Beinahe wären wir begraben worden.“
BILD: Haben sie Schuldgefühle?
Walter: „Ich trage eine moralische Mitverantwortung. Zwar hilft mir meine psychologische Ausbildung, doch ich sehe manche Bilder immer wieder vor mir. Viele Menschen sind aber stärker belastet.“
BILD: Welche Hilfe brauchen die Opfer?
Walter: „Ich empfehle, eine Anlaufstelle einzurichten, am besten vom Land NRW. Bei der Menschen wohnortnah langfristige Hilfsangebote bekommen. Denn ich weiß, dass eine Traumatisierung oft erst später einsetzt. Und dann muss man schnell helfen, sonst leiden sie lebenslang.“
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